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TIANXIA - eine Rezension

So. 01 Okt. 2023
21:12 Uhr - 21:12

Zhao Tingyang, Alles unter dem Himmel – Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung.suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2282, Berlin, 5. Auflage 2021 (1. Auflage 2020), 272 Seiten, 22 € Zhao Tingyang ist Professor für Philosophie an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Beijing.

Diese Rezension enthält Zitate zu grundsätzlichen Fragen der Geopolitik aus dem Buch Die Tragödie der Ukraine – Ein geopolitisches Tagebuch von Nikolai Starikow, Eschwege (Werra) 2015

„Die Geopolitik ist ein Kampf der Großmächte um Ressourcen, Darin liegt der ganze Sinn. Dieser Kampf ist endlos, er hat weder einen Anfang noch ein Ende. Es ist ein kolossales Schachspiel, in dem die Schachzüge mit Armeen, Parteien und Währungskursen vollzogen. Menschenleben wurden in diesem Spiel noch nie geachtet“. So der russische Historiker Nikolai Starikow (S. 11), der seinen Grundgedanken um eine Überlegung ergänzt: Entweder man schafft es, sich aktiv als Spieler in diesem großen Spiel mitzumachen oder man wird zu einem Ball, mit den andere spielen.

Unser chinesischer Autor stimmt dem als Beschreibung des Ist-Zustandes unseres Planeten sicherlich zu, lehnt aber die Auffassung habe, dieser Zustand habe weder Anfang noch Ende. Auch hält er Geopolitik nicht für Politik. In Umkehrung der Definition von Clausewitz, der Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen – nämlich militärischen – Mitteln, glaubt Zhao, bislang sei alle „Politik“ nur eine Fortsetzung des Krieges aller gegen alle mit nichtmilitärischen (diplomatischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen zivilen) Mitteln. Eine derartige „Politik“ sei in Wahrheit das Gegenteil von Politik (S. 26).

Wahre Politik ist für Zhao die „Kunst des Zusammenlebens“ und nicht die „Technik des Herrschens und Dominierens“. Einige Zeilen weiter fordert er, Politik müsse „zur Kunst des Guten werden und Politik als Technik des Bösen überwinden“ (S. 48). Das klingt nicht nur idealistisch (im philosophischen Sinne), das ist es und soll es auch sein. Allerdings sieht der Autor sein idealistisches Postulat als materielle Notwendigkeit.

Die menschliche Gesellschaft sei heute eine globale Gemeinschaft, die ihre „inneren“ Probleme der Wirtschaft, Gesellschaft und der drohenden Selbst-auslöschung durch Nuklearwaffen und der Einbettung in ihre „äußere“ Umwelt bewältigen müsse. Dazu seien die bisherigen Handlungskonzepte individu-eller (incl. nationaler) Nutzenmaximierung ungeeignet. Deshalb müsse das „das Monopol individueller Rationalität ins Gegenteil verkehrt und in ‚relationale (beziehungsorientierte) Rationalität‘ überführt werden“ (S. 40).

Das Ziel von Politik soll sein, alles was unter dem Himmel ist (Tianxia 天下) als alles einschließende Einheit zu verstehen und zu behandeln, die Beziehungen zwischen den Elementen dieses Systems mit relationaler Rationalität zu gestalten und nur noch ein Innen zu kennen. Da es kein Außen mehr gibt, kann es auch nichts und niemand mehr geben, der „außerhalb“ sein könnte. Es gäbe nur eine Menschheit mit einem gemeinsamen Schicksal (Xi Jinping). In einem derartigen Kontext macht Nutzenzuwachs nur als win-win-Operation, als „konfuzianisches Optimum“ Sinn, da ansonsten die Harmonie und die Stabilität des Tianxia vermindert und damit auch der Nutzen aller im Endeffekt gefährdet würde.

Tianxia 天下 fordert, die Welt ausgehend von der großen Einheit allen Seins zu denken (die Welt als Subjekt) und nicht sich von einem egoistischen Standpunkt aus Gedanken über die Welt zu machen (die Welt als Objekt). Das verwirklichte Tianxia ist eine Koexistenz und Kooperation aller Nationen und Ideologien unter dem Himmel, die sich als Elemente des Tianxia begreifen und handeln. Das Tianxia ist eine Welt, die nur ein Innen aber kein Außen kennt.

Das Tianxia-Konzept geht auf die Herzöge (Könige) von Zhou zurück. Es ermöglichte Ihnen, im letzten Jahrtausend v. u. Z. ein Reich aus Staaten mit völlig unterschiedlichen sozialen Systemen und Ideologien aufzubauen und über Jahrhunderte lebensfähig zu halten. Das Konzept hat folgende Quellen:

  1. die Politik der Herzöge von Zhou;
  2. die Lehren vom DAO und
  3. die Lehren des Kong Fuzi 孔夫子 („Konfuzius“).

Es handelt sich also nicht um einen marxistischen Theorieansatz, gleichwohl können Methoden und Erkenntnisse des Marxismus-Leninismus helfen, die über zweitausend Jahre alten Grundsätze des Tianxia auf die heutige Lebenswirklichkeit anzuwenden und daraus politische Handlungsoptionen abzuleiten.

Ich komme zurück auf Nikolai Starikow. Für ihn gleicht Geopolitik einer „Straßen-schlägerei“ (S. 68) und stellt somit einen Gegensatz zur Zivilisiertheit dar. Die Nichtzivilisation sei das Recht des Stärkeren, während die Zivilisation die Stärke des Rechts sei (S. 76). Die Voraussetzungen zur Entstehung einer Tianxia-Zivilisation sieht Zhao „in den wirklich einflussreichen Mechanismen des globalen Finanzsystems, der Systeme der Hochtechnologie und den sozialen Medien“ (S. 196). Durch Netzwerkbildung (Belt and Road!) sollen sich Organe einer “Weltsouveränität“ herausbilden (keine Weltregierung!), die der Souverä-nität der Nationalstaaten übergeordnet ist und ihr Schranken setzt. In diesem Kontext können auch die Vereinten Nationen eine wichtige Rolle spielen. „Alle Angelegenheiten, die das kollektive Schicksal der Menschheit berühren, unterliegen der Jurisdiktion der Weltsouveränität“ (S. 33). Nur auf diesem Wege könne „eine technologische Diktatur imperialistischer Hegemonialmächte oder globaler systemischer neuer Mächte verhindern … Hierin liegt die Bedeutung des neuen Tianxia-Systems“ (S. 227).

Ó Bernhard Priesmeier

TIAXIA: Chinas Regierung veröffentlicht Weißbuch zur Außenpolitik

So. 01 Okt. 2023
21:15 Uhr - 21:18

Die ausfühliche Rezension eines Buches des Philosophen Zhao Tingyang über Tianxia, jene uralte Anschauung über die Einheit aller Lebensformen, Gesellschaften, Staaten und Glaubensgemeinschaften „unter dem Himmel“, vermittelt Basiswissen zur Außenpolitik Chinas.

Zhao behandelt die praktische Frage der Beachtung des Tianxia im Leben als eine historische Notwendigkeit. Die menschliche Gesellschaft sei heute eine globale Gemeinschaft, die ihre „inneren“ Probleme der Wirtschaft, Gesellschaft und der drohenden Selbst-auslöschung durch Nuklearwaffen und der Einbettung in ihre „äußere“ Umwelt bewältigen müsse. Dazu seien die bisherigen Handlungs-konzepte individueller (incl. nationaler) Nutzenmaximierung ungeeignet. Deshalb müsse das „das Monopol individueller Rationalität ins Gegenteil verkehrt und in ‚relationale (beziehungsorientierte) Rationalität‘ überführt werden“.

Das Ziel von Politik soll sein, alles was unter dem Himmel ist (Tianxia 天下) als alles einschließende Einheit zu verstehen und zu behandeln, die Beziehungen zwischen den Elementen dieses Systems mit relationaler Rationalität zu gestalten und nur noch ein Innen zu kennen. Da es kein Außen mehr gibt, kann es auch nichts und niemand mehr geben, der „außerhalb“ sein könnte. Es gäbe nur eine Menschheit mit einem gemeinsamen Schicksal (Xi Jinping). In der Welt mag es diverse Handlungspole geben, Teile, deren innere Strukturen und deren Meinung über die Integration in die Einheit sich unterscheiden. Aber es gibt keine Dualitäten wie WIR und ANDERE oder GUT und BÖSE oder DEMOKRATIE und AUTORITARISMUS, bei denen man sich für die eine gegen die andere Seite entscheiden muss

Diese Anschauung – gerade auch in Xi Jinpings Wort von der einen Menschheit mit einem gemeinsamen Schicksal bzw. mit geteilter Zukunft – ist in den Leitmedien des Westens auf Ablehnung gestoßen. Dort wird sie als anstößiger Propaganda-Trick gewertet, mit dem Beijing im Rahmen der „Rivalität der Supermächte“ Anhänger im Westen zu finden hofft. Dies darf man getrost als Projektion westli-cher Denk- und Handlungsstrukturen auf die größte Macht des „Globalen Südens“ sehen.

China hat jetzt sein außenpolitisches Konzept in einem Weißbuch vorgestellt, ohne dabei den Begriff Tianxia zu benutzen. In dem Weißbuch heißt es: „Um eine globale Gemeinschaft mit gemeinsamer Zukunft aufzubauen, müssen Offenheit, Inklusivität, gegenseitiger Nutzen, Gleichheit und Gerechtigkeit angestrebt werden.“ Das Ziel besteht nicht darin, ein System oder eine Zivilisation durch ein anderes zu ersetzen. Stattdessen gehe es um Länder mit unterschiedlichen Sozialsystemen, Ideologien, Geschichten, gemeinsamen Rechten und gemeinsamen Verantwortlichkeiten in globalen Angelegenheiten, heißt es in dem Dokument. Es stellt Chinas Beitrag zu den globalen Bemühungen dar, „das gemeinsame Zuhause zu schützen und eine bessere Zukunft mit Wohlstand für alle zu schaffen“.

Chinas Politik hatte in der Zeit des Aufstiegs des Westens dessen Verhalten niemals geteilt. Die westlichen Mächtestrebten nach Expansion (Kolonien), China kapselte sich hinter seiner „Großen Mauer“ gegen alle Barbaren ab, gleich ob diese nun mongolische Horden, Spanier, Franzosen oder Angelsachsen waren. Dies führte 1840 zu den Opiumkriegen und Chinas Unterwerfung in einen halbkolonialen Status. Aus letzterem erwuchsen dann die Revolutionen von 1911 (Gründung der Republik China) und die neudemokratische Revolution von 1949 (Gründung der Volksrepublik China).

China will seine zurückerlangte nationale Selbstbestimmung konsolidieren und vertiefen und dabei keine Spielchen wie Rivalität und Wettbewerb spielen. Denn diese Spielchen sind kein Beitrag für die Wohlfahrt aller Nationen, der gesamten planetaren Menschheit. Nutzenzuwachs macht nur als win-win-Operation, als „konfuzianisches Optimum“ Sinn, da ansonsten die Harmonie und die Stabilität des Tianxia vermindert und damit auch der Nutzen aller im Endeffekt gefährdet würde.

Der deutsch-chinesische Zug nimmt wieder Fahrt auf

Do. 04 Nov. 2010

Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Beijing und Berlin wurde durch die aktuellen Krisenentwicklungen zwar abgebremst aber nicht ausgebremst. Beide Seiten sehen unverändert die strategische Bedeutung dieser Beziehungen gerade in einer Zeit, in der diese sich hinter einem Rauchvorhang eurasischer Krisen und Kriege trotz alledem weiter entfalten. Scholz Videotreffen mit Xi fällt mit einem beginnenden Tauwetter in den eingefrorenen Kontakten zwischen China und Australien zusammen. Die „Warnungen“ aus Washington vor „zu engen“ Beziehungen mit dem Reich der Mittescheinen heute vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen, militärtechnologischen und politischen Fakten auf einen weniger fruchtbaren Boden zu fallen. Ein weiteres Indiz dafür: Während sich der Westen im Oktober mit der Organisation seiner Solidarität mit Israel befasste, kamen in Beijing dreiviertel aller Staaten der Erde zusammen, um über ihre wirtschaftliche Integration im Rahmen von Belt and Road (sog. Seidenstraßeninitiative) zu beraten. Sie verfolgten andere Ziele. Heute sagte ein ehemaliger Berater der saudischen Regierung, wenn der Westen nicht aufpasse, werde er letztlich am Rande des Weltgeschehens stehen.

Zum Xi-Scholz-Gespräch veröffentlichte GLOBAL TIMES, ein Sprachrohr des chinesischen Außenministeriums, gestern folgende hier gekürzt veröffentlichte Einschätzung:

Der chinesische Präsident Xi Jinping hielt am Freitag ein Videotreffen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz ab, bei dem er feststellte, … dass die Beziehungen zwischen China und Deutschland in die zweiten 50 Jahre eingetreten seien, und sagte, dass China und Deutschland als umfassende strategische Partner im Geiste des gegenseitigen Nutzens zusammengearbeitet und im Geiste des gegenseitigen Lernens und Austauschs zusammengewachsen seien. …

China sei bereit, mit der EU zusammenzuarbeiten, um ein korrektes gegenseitiges Verständnis aufrechtzuerhalten, sich auf Konsens zu konzentrieren und die Richtung zu erkennen, um die für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit in allen Bereichen vollständig zu aktivieren, sagte Xi.

Deutschland bringt durchaus seine Hoffnung zum Ausdruck, die Handelszusam-menarbeit zu verstärken, und nach den jüngsten Interaktionen zwischen China und Europa zu urteilen, wollen beide Seiten nicht nur eine stabile bilaterale Beziehung aufrechterhalten, sondern auch eine stärkere Zusammenarbeit auf der Grundlage von Stabilität anstreben, sagte Cui Hongjian, Professor an der Akademie für regionale und globale Governance der Beijing Foreign Studies University. Er interpretierte dies als eine Ausweitung und Anhäufung einer positiven Stimmung in den Beziehungen zwischen China und Europa, die die negativen Faktoren ausgleichen könne.

Scholz stellte die Ansichten der deutschen Seite zum palästinensisch-israelischen Konflikt und zur Ukraine-Krise vor und äußerte die Hoffnung, den engen Austausch mit China aufrechtzuerhalten. Deutschland bringt durchaus seine Hoffnung zum Ausdruck, die Handelszusammenarbeit zu verstärken, und nach den jüngsten Interaktionen zwischen China und Europa zu urteilen, wollen beide Seiten nicht nur eine stabile bilaterale Beziehung aufrechterhalten, sondern auch eine stärkere Zusammenarbeit auf der Grundlage von Stabilität anstreben. Cui interpretierte dies als eine Ausweitung und Anhäufung einer positiven Stimmung in den Beziehungen zwischen China und Europa, die die negativen Faktoren ausgleichen könne.

Im Hinblick auf die Konflikte Israel-Palästina und Russland-Ukraine sagten Experten, dass Deutschland hofft, dass China eine größere und positive Rolle in der regionalen und globalen Sicherheit spielen kann, die USA jedoch die beiden Krisen ausnutzen wollen, während die EU direkt darunter leidet.


Xi wies darauf hin, dass es zur Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts und der Ukraine-Krise notwendig sei, tiefer über Sicherheitsfragen nachzudenken, an der Vision einer gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit festzuhalten und den Aufbau eines ausgewogenen, wirksamen Systems mit einer nachhaltigen Sicherheitsarchitektur zu fördern. Die Einschränkung des Sicherheitsraums anderer Länder und die Unterstützung einer Seite bei gleichzei-tiger Ignorierung der legitimen Forderungen der anderen Seite würden zu einem regionalen Ungleichgewicht und zur Ausweitung und Eskalation von Konflikten führen, sagte Xi. Er sagte, sowohl China als auch die europäische Seite sollten zusammenarbeiten, um Konflikte zu schlichten, Spannungen abzubauen und eine positive Rolle bei der Förderung von Frieden und Entwicklung in der Region zu spielen. …

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Mi. 15 Sep. 2010

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